Geschenke - vom Suchen und Finden zwischen Douglas und dem vierten Höllenkreis
Liebe langmütig leidende Leute,
dieses Wochenende schon shoppen gewesen?
Jaja, Weihnachten steht vor der Tür und der Druck wächst.
Nur wer jemals als siebzehnter in der Schlange bei Karstadt stand, im Ohr die süßlich- unnachgiebige Stimme „Wir schließen bald!“ vermischt mit „Last christmas“ durch die Lautsprecher, Schweißrinnsale vom Nacken bis zum Hosenbund und immer noch keine Ahnung davon, was der Mutter gefallen könnte, der weiß: Weihnachten wäre so schön, wenn nur das mit den Geschenken nicht wäre.
Nicht umsonst heißen die im englischen Sprachraum ja auch „gift“, oder?
Deswegen gibt es auch noch das Wort „Mitgift“, und schon wieder verblüffe ich Euch mit der unfassbaren Eleganz einer Überleitung von tagesaktuellem Nonsens zur Hochzeitsthematik.
Schenken ist in der Weihnachtszeit mindestens Purgatorium und vor allem: Eine Kunst.
Es verlangt den Schenkenden so viel an Einfühlungsvermögen ab, und den Beschenkten im Zweifelsfall auch – wir reden hier über mehr Schauspielkunst insgesamt, als Strasberg es sich jemals hätte träumen lassen.
Die Liste meiner Katastrophengeschenke ist lang.
Ich bekam unter anderem: Ein pinkfarbenes Fahrrad (obwohl ich nicht mehr sieben Jahre alt war), eine Küchenmaschine (von dem Typ mit dem ich eine Zukunft plante, und wir wollten keine Bäckerei zusammen aufmachen!) und ein Digital-Radio (zu einem Zeitpunkt, als das Internet schon seit mehr als 25 Jahren erfunden war).
Ich bin gut darin, ein „oh, wie schön!“ sowohl mimisch als auch lautmalerisch glaubhaft zu simulieren (danke an Strasberg und das method-acting), weil ich zwei Söhne habe, die durch die Bastelphase im Kindergarten und der Grundschule gegangen sind und ich mit ihnen. An meinem Kühlschrank hängt bis heute DAS HIER und ich habe mich AUFRICHTIG darüber gefreut!
Ich hoffe, dass ich, wenn ich irgendwann dement und inkontinent im Altersheim sitze, nicht vergessen haben werde, wie das mit der Strickliesel funktioniert. Ich stricke sie in Grund und Boden, alle miteinander! Hässliche Pullover und Untersetzer als Revanche für alles, was jemals gebastelt wurde für mich.
Also: Geschenke. Es ist, wie immer, kompliziert. Ein gutes Geschenk:
1. Setzt genaue Kenntnis des Adressaten voraus.
2. Muss zum Anlass passen.
3. Soll persönlich sein, aber nicht zu aufdringlich.
4. Und alle Paare wollen sowieso immer nur Kohle.
Das macht es einem als Hochzeitsgast wirklich nicht leicht!
Eins, zwei Scheine in einen Umschlag zu stecken und am Eingang abzugeben fühlt sich ungefähr so persönlich an wie Eintritt zu zahlen im Heidepark Soltau.
Andererseits ist es den Paaren ja auch nicht wirklich übel zu nehmen, dass die Zeiten von Aussteuerlisten lange vorbei sind und es in modernen Beziehungen eh' schon mehr Sandwichtoaster und Bügeleisen gibt als zwei Leute vertragen können.
Ich mag die Initialen auf den alten Tischdecken meiner Großmutter, aber ich möchte wirklich keine Handtücher geschenkt bekommen – weder zu Weihnachten, zum Geburtstag, noch zu unserer Hochzeit.
Wie schenkt man also gut, persönlich und von Herzen – und gleichzeitig ohne das arme Braut- oder Bräutigampaar vollzumüllen mit den gefürchteten „Stehrumchen“?
Wie so oft ist auch in diesem Fall Alkohol die Lösung!
Ich verrate Euch das Rezept für mein alltime-favourite-Hochzeitsgeschenk ever:
Geht zum Weinhändler Eures Vertrauens (ich empfehle den Magdeburgern das Bottle & Pipe oder die Reblaus, lasst Euch einen lagerfähigen guten Tropfen aussuchen, und den verschenkt Ihr zusammen mit der Verabredung zum gemeinsamen Öffnen der Flasche an einem Hochzeitstag Eurer Wahl (das hängt davon ab, wieviel Geld Ihr investieren wollt – um bis zur Silbernen durchzuhalten, muss man schon einen Taler investieren). Man kann das kombinieren mit zwei hübschen Gläsern und gegebenenfalls dem ein oder anderen Geldschein.
BITTE schenkt Scheine!
Diese furchtbar witzigen Münzgeschenke, die den armen Paaren stundenlanges Herumhämmern in Eis- oder Betonblöcken abnötigen oder Wühlen in staubigen Steinen („Kieskanne“, haha) wirken nicht nur unfreundlich, sie sind es auch. Außer, Ihr beschenkt Dagobert Duck.
Kleinstmünzen einzutauschen kostet bei der Bank Gebühren, nur so als fun fact am Rande.
Wer kreativ sein möchte: Geldscheine kann man falten. Fragt Pinterest, falls Ihr auf der Suche seid nach Inspiration!
Diese tolle Idee mit der Weinflasche habe ich übrigens geklaut, und zwar bei der Person, die einen ganz besonderen und und uneinnehmbaren Platz in meinem Herzen hat (länger als der Herzkasper und die ganze Kinderschar zusammen übrigens): Meiner besten Freundin.
Hat sie mir vor langer, langer Zeit als Dankeschön für den Trauzeuginnen-Job bei ihrer Hochzeit geschenkt.
Diese Weinflasche hat elf Umzüge und ungefähr tausend höchst gefährliche Abende, als nix mehr zu trinken im Haus war, überlebt. Unbeschadet!
Ihr seht, die Frau ist mir wirklich wichtig.
Sie ist einfach was besonderes! Und kann Geschenke – hab' kürzlich erst wieder eins von ihr bekommen.
Ich kannte den Brautkalender noch nicht!
Und das ist (neben der ungeduldigen Vorfreude auf's Öffnen des nächsten Päckchens) sowieso das schönste aller Geschenke: Dass da jemand ist, der dich so lieb hat, dass er (oder sie) dir was schenken will.
Also, Ihr Lieben: Falls Ihr gerade verzweifelt in der Schlange beim Douglas steht und kurz vor olfaktorischer Ohnmacht seid:
Haltet es im Zweifelsfall wie der große Karl (Lagerfeld): Der schenkt grundsätzlich dann, wenn er will – und nicht, weil der Kalender einen Anlass vorschreibt.
Das bedeutet, dass man vom Karl schonmal nebenbei ein sehr exklusives cadeau bekommen kann, er deinen Geburtstag aber vollkommen ignoriert.
Ich finde diese Haltung grandios! Aber sie verlangt einem auch ein gesundes Selbstbewusstsein ab.
Wenn nichts mehr hilft, rettet Euch der wundervolle Christian Morgenstern, falls Ihr am Ende mit leeren Händen dasteht:
„Ich habe heute ein paar Blumen nicht gepflückt, um dir ihr Leben zu schenken.“
Genießt die Vorweihnachtszeit!