Für'n Garten - warum Freie Trauungen überflüssig sind
Ihr lieben Freien Traulinge und Hochzeitsplaner,
seid Ihr gut im neuen Jahr angekommen?
Langsam, aber sicher nimmt alles Fahrt auf (bei uns in Sachsen-Anhalt dreht sich ja bis zum Dreikönigstag die Uhr immer noch ein bisschen langsamer).
Aber ab morgen geht’s wieder rund! Da werden die Pferde gesattelt und raus geht’s in die knisterkalte Winterluft.
So richtig Lust haben wir alle nicht miteinander, oder? Meine beiden Großen jedenfalls schauen recht sparsam aus der Wäsche, wenn ich sie liebevoll daran erinnere, dass morgen die Schule wieder losgeht... Geht denen wie mir, wenn ich alle Unterlagen für 2019 aktualisiere und DSGVO-tauglich bastele.
Vergesst nicht, neben der Mindestdauer Snooze-Zeit auch noch die für's Auto freikratzen einzuplanen.
So viele Dinge, auf die es sich zu freuen lohnt!
Hochzeitsmessen haben jetzt Hochkonjunktur (nein, da werdet Ihr mich sowas von nicht treffen), denn nun geht es los: Das Nachdenken über die ganz konkreten Vorstellungen zum großen Hochzeitstag.
Da wollen viele Entscheidungen getroffen werden: Kleid, Catering, Fotografie, Blumenschmuck, Ringe … und: Welche Form der Trauung wollen wir denn eigentlich wählen?
Wie so ziemlich alles in Deutschland ist auch dieser Teil des Lebens sehr klar und eindeutig geregelt: Wer vor dem Gesetz verheiratet sein will, muss zum Standesamt. Daran führt kein Weg vorbei.
Nun wäre es mir ein Leichtes, mich fürchterlich über Standesämter lustig zu machen und die Arbeit bei denen ins Lächerliche zu ziehen. Ich habe dort schon einige echt absonderliche Situationen erlebt im ganzen Spektrum von so sachlichen Abhandlungen, dass ich dachte, ich sei bei einer öffentlichen Verlesung des monatlichen Brutto-Inlandsprodukts bis hin zu emotionalen Vorträgen, bei denen der Standesbeamte offensichtlich eine späte Shakespeare-Laiendarsteller-Karriere ins Auge fasste.
Mein Auge blieb selten trocken, und das lag meistens daran, dass ich so fürchterlich lachen und mir das gleichzeitig verkneifen musste... Bei der letzten Trauung im Standesamt rettete mich meine kleine Freundin Nova: Die bekam auf die Sekunde genau massiv schlechte Laune, und als hochschwangerer Kugelfisch war es mir eine Ehre und Freude, mit ihr nach draußen zu verschwinden. Ich musste eh' mal (wieder) wohin.
Und das ist die andere Wahrheit übers Standesamt: Da arbeiten wirklich tolle Menschen. Eine nette Mitarbeiterin kam des Weges, tröstete die kleine Nova mit ihrer letzten Gummibärchen-Reserve (während ich mal eben abbog für kleine Schwangere) und schaute sich mit ihr zusammen die bunten Lichter am Weihnachtsbaum an bis alles wieder gut war.
Die Kolleginnen und Kollegen (ich darf das sagen, weil ich sowohl als Hochzeits-Batman im Mantel der Freien Traurednerin unterwegs bin und gleichzeitig als Robin in der Verwaltung) machen einen tollen Job. Sie sind liebevoll und engagiert im Rahmen ihrer Möglichkeiten, und diese Möglichkeiten sind durch die Gesetzgebung ganz klar definiert.
Die standesamtliche Trauung ist und bleibt ein juristischer Akt, das in der Regel weitreichendste Rechtsgeschäft unseres Lebens. Fragt Eure Fachanwälte, und falls Ihr keine habt: Gibt bald ein Interview mit der Scheidungsanwältin, die ich mal verheiratet habe :)
An diese Vorgaben müssen sich Standesbeamte halten, und das kann und darf man ihnen nicht zum Vorwurf machen.
Standesämter werden moderner, sie öffnen sich (seit 2010) zunehmend den Wünschen der Brautpaare und versuchen (oftmals), einen persönlichen Zugang zu den Paaren zu finden. Man kann mittlerweile sogar „open air“ standesamtlich heiraten, auch wenn es in hier nur wenige Orte gibt, an denen das geht.
In Sachsen-Anhalt ist eine Trauung unter Freiem Himmel derzeit möglich im Park in Bebertal, den Schlossgärten in Dretzel und Blankenburg, einem Floß in Parey, dem Hof der Wasserburg Egeln und auf der Wiese am Wippertal-Hotel Ilberstedt.
Warum das so kompliziert ist?
Dafür musste eine Lockerung des Personenstandsgesetzes her. Es braucht Flächen, die direkt mit einem Objekt verbunden sind, in dem es ein Trauzimmer gibt – vorausgesetzt, die Kommune segnet sie ab. Es muss sichergestellt sein, dass der Datenschutz eingehalten wird. Klingt nach DSGVO, ist es im Grunde auch, und das ist wichtig, denn: Bei einer Trauung werden sehr persönliche Daten wie die Adresse des Paares verlesen. Gerade im Außenbereich könnten Außenstehende das mithören – will man das?
Ihr seht: Die Mädels und Jungs vom Standesamt wissen schon ganz genau, was sie tun.
Berechtigterweise kann man an dieser Stelle die Frage stellen: Ist die doof? Macht die Werbung für die Konkurrenz?
Nö. In beiden Fällen.
Es gibt Dinge, die eine standesamtliche Trauung nicht leisten kann.
Wichtige Dinge.
Dinge, die nix mit dem Papier zu tun haben, das Ihr unterschreibt.
Herzensdinge.
Ihr könnt Euch gern den Nonsens durchlesen, der auf allen gängigen Seiten steht, aber ganz ehrlich: Das ist Bullshit.
Freier Himmel, individuell, emotional, blabla – ich kann das alles selber nicht mehr hören.
Wenn Ihr nicht gerade darauf aus seid, Euch kopfüber an einem Schleppseil hängend in einem Baggersee bei Mondenschein das Ja-Wort zu geben, dann braucht Ihr nicht zwangsläufig eine Freie Trauung. Dann könnt Ihr Euch auch gern bei irgendeiner RTL-II-Show anmelden und seid da gut aufgehoben.
Wenn Ihr aber nur einen dieser Sätze versteht:
Wir wollen so heiraten, dass es 100 % zu uns passt.
Wir wollen unserem Bekenntnis zueinander auf die Weise Ausdruck verleihen, die unserem Wesen und dem unserer Partnerschaft entspricht.
Ich will heiraten – nicht wen, sondern auch wie ich will.