Let`s get ready to - ähm - Sitzordnung?
Ihr herzallerliebsten Familienmoment-Lesende & -liebende,
wir wollen uns heute aus gegebenem Anlass einem sehr herausfordernden und ernsten Themenkomplex widmen.
An dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein: Wer von Euch hat das geglaubt?
Denjenigen rufe ich ein liebevolles: "Weiter so, auch Naive braucht die Welt!" zu und den eher skeptischen Charakteren sage ich: Wartet nur ab.
Betroffen machen sollte meine geneigten Leserinnen und Leser ausschließlich der Umstand, dass ich in diesem Jahr erstmals eine vollständige Staffel Dschungelcamp geschaut habe (und zwar mit Begeisterung) und tatsächlich einen Twist zur Hochzeitsthematik fand. Ich bin absolut schmerzbefreit, merkt Ihr, oder?
Ist das Dschungelcamp nicht eine wundervolle Allegorie auf das Drama, in dem man sich bei jeder Hochzeit zwangsläufig wiederfindet? So viele unterschiedliche Charaktere, geschundene Seelen, verzweifelte Existenzen treffen aufeinander in der Hoffnung, endlich das Bild, das die anderen von einem haben, korrigieren zu können. Das ist der Stoff, aus dem die Träume von Onkel Wolfgang und Cousine Ulrike sind!
Die Philosophiestudentin mit Abschluss im 27. Semester in mir wird von einem rollkragenbepulloverten Sartre beiseite geschubst, der sagt:
Der Blick! Der Blick! Ausdruck und Manifestation des mir Fremden, des Anderen! Die existentielle Erfahrung, vom Anderen erblickt zu werden? Ein Verweis auf mich selbst? Offenbarung der radikalen ontologischen Getrenntheit zwischen mir und dem Anderen!
Lasst uns für den Moment darauf einigen, dass wir sagen: Menschen sind schon komische Leute. Und manche von denen laden wir allen Ernstes zu unseren Hochzeiten ein.
Sensible Gastgeber werden immer versuchen, dafür Sorge zu tragen, dass sich ein jeder Gast so wohl fühlt wie nur irgend möglich. Deswegen setzen Patchworkkinder Muddis neuen Scheeks nicht neben den Vaddi in der Midlifecrisis, und die hochsensible Cousine Inge muss nicht unbedingt mit Torben vom VFL Vollsuff über ihre künstlerische Neuausrichtung sprechen, wenn es sich vermeiden lässt.
Gute Sitzordnungen sind, wie die Zusammenstellung eines Dinnertables, eine wahre Kunst - und sie sagen viel darüber aus, wie gut Gastgeber ihre Geladenen kennen.
Das Team von RTL castet die Dschungelcamp-Teilnehmer nach dem größtmöglichen Krawallprinzip, und Euer Leben, das gemeine, hat für Eure Hochzeit dasselbe mit Euch getan. Damit Ihr wisst, wen Ihr am Lagerfeuer neben wen setzt, habe ich eine kleine, maximal klischeeverseuchte und politisch unkorrekte Prüfung für Euch vorbereitet:
Viel Spaß!
Auf der Gästeliste weil
hoffentlich ein paar Scheine im Umschlag stecken, den er dem Bräutigam gönnerhaft in die Brusttasche gesteckt hat.
Platzieren neben
jemandem, der sich für seine Großartigkeit interessiert. Oder neben die Oma mit dem kaputten Hörgerät.
Nach Mitternacht
hat er alle Stories drei Mal erzählt und verlässt die Party über einen Umweg zum Geschenketisch, von dem er klammheimlich den Umschlag wieder mitgehen lässt.
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Auf der Gästeliste weil
man sich nicht aussuchen kann, mit wem man verwandt ist.
Platzieren neben
dem Instagram-Cousin. Die beiden ergänzen sich so prima, wenn es um ihre rückständigen Frauenbilder geht.
Nach Mitternacht
beschämt er die Brautjungfern mit Bettgeschichten aus den 50ern und versucht der Braut an die Wäsche zu gehen.
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Auf der Gästeliste weil
er die besten Konditionen für das Büffet ausgehandelt hat.
Platzieren neben
der ewigen Single-Tante. Das könnte der Test sein für die Frage, ob Oma Recht hat mit ihrer Vermutung: „Der ist doch schwul, der Jung – der weiß det nur noch nicht!“
Nach Mitternacht
schreitet er fachmännisch das Buffet ab und schnauzt die Kackvögel vom Dienstleister an, die Reste ordentlich zusammen zu packen.
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Auf der Gästeliste weil
er versprochen hat, mit seiner Handykamera die besten Bilder „so voll real, weisste?“ zu machen.
Platzieren neben
den Brautjungfern. Die lassen sich von seiner Instagram-Story wenigstens scheinbar beeindrucken.
Nach Mitternacht
versucht er sich an deine Schwester ranzuwanzen.
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Auf der Gästeliste weil
sie Deine kleine Schwester ist.
Platzieren neben
Deiner Mama und Deinem Papa. Jemand muss auf das Mädchen aufpassen.
Nach Mitternacht
tritt sie dem Instagram-Cousin in die Eier.
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Auf der Gästeliste weil
sie die Schwester vom Bräutigam ist.
Platzieren neben
Deiner Schwester. Die hält Neurosen für etwas, das auf Bäumen wächst und lässt sich deswegen nicht davon beeindrucken.
Nach Mitternacht
bricht sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs in inTränen aus, weil die Situation für sie eine so krasse Herausforderung war, ne? Die Schmetterlingsdeko, die Luftballone – und der fliegende Braustrauß erst!
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Auf der Gästeliste weil
Du es mit deinem Gewissen nicht vereinbaren kannst, dass sie schon wieder einen Abend alleine zu Hause sitzt.
Platzieren neben
dem fröhlichen Opa. Fröhlichkeit steckt an, und davon kann die abgestürzte Tante eine Menge gebrauchen.
Nach Mitternacht
steht sie schwankend auf und fängt an, eine Rede zu halten, in der es im Wesentlichen um alle Lebensfehler geht, die sie gemacht hat.
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Auf der Gästeliste weil
der Bräutigam seinen Jungs versprochen hat, dass auch Single-Frauen auf der Party sind.
Platzieren neben
dem netten Neffen. Die Frau braucht ein bisschen adoleszenter Unbedarftheit und die Verheißung von unverdorbener Jugend in die Synapsen gepustet.
Nach Mitternacht
hängt sie schwer angeschlagen an der Bar und nervt das Personal tränenreich mit den Erinnerungen an ihren Ex.
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Auf der Gästeliste weil
sie den Tussifaktor der Feier ordentlich runteregelt. Außerdem kann sie Dir beim Baumstamm-Sägen zur Hand gehen.
Platzieren neben
dem dem Unternehmer-Onkel. Die beiden wirken in ihrer Hemdsärmeligkeit schon fast wie ein altes Ehepaar.
Nach Mitternacht
wechselt sie das Kleid gegen Jeans und Sneakers, rülpst einmal beherzt und fragt den Unternehmer-Onkel „Und, wann outest du dich endlich?“
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Auf der Gästeliste weil
die alten Tanten dann jemanden haben, dem sie in die Wange kneifen können.
Platzieren neben
der abgestürzten Tante. Mit der auf der einen und der ewigen Single-Tante auf der anderen Seite macht seine belanglose Nettigkeit wenigstens irgendwie Sinn.
Nach Mitternacht
streitet er sich mit dem fröhlichen Opa ums Mikro, weil er seine neuesten Rhymes rappen will.
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Auf der Gästeliste weil
er der fröhliche Opa ist.
Platzieren neben
dem Onkel aus Amerika. Der nette Opa wirkt zwar recht unbedarft, aber wenn's um Stories geht, kann sich der Onkel noch 'ne Scheibe abschneiden. Ausgebufft ist der fröhliche Opa sowieso zehnmal mehr.
Nach Mitternacht
schubst er den DJ vom Pult, ruft ins Mikro „Stimmung!“ und stimmt Schlager an.
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Auf der Gästeliste weil
sie eine coole Socke und deine beste Freundin ist.
Platzieren neben
Dir! Die Frau gehört an Deine Seite.
Nach Mitternacht
klärt sie den Instagram-Cousin und den Grabbel-Greis über „me-too“ auf und verschwindet dann knutschend mit der sportlichen Brautjungfer.
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Ihr seht: Es gibt eine ganze Menge zu berücksichtigen!
Im Zweifelsfall: Es ist nicht die UNO-Generalversammlung oder das Diplomatendinner bei der Queen (auch wenn es sich so anfühlt), also lasst die Sitzordnung einfach weg, wenn es Euch zu sehr stresst.
Freie Platzwahl voraus! Vor allem heute Abend 20:15 Uhr, wenn es heißt ... "Nachspiel beim Dschungelcamp"!
Vergesst nicht, dass Ihr Euch liebt - und schaut am 14. Februar mal rein!